Eine Eigenbedarfskündigung kann auch dann wirksam sein, wenn der Vermieter seine derzeit bewohnte Wohnung verkaufen und in die bisher vermietete Wohnung umziehen möchte. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden und damit ein Urteil des Landgerichts aufgehoben.
Vermieter will eigene Wohnung umbauen und verkaufen
In dem Verfahren ging es um eine Zwei-Zimmer-Wohnung in einem Berliner Mehrfamilienhaus. Der Vermieter bewohnt die darüberliegende Wohnung im vierten Obergeschoss, die der vermieteten Wohnung in Größe und Schnitt entspricht. Im November 2021 kündigte er dem Mieter wegen Eigenbedarf zum 31. Juli 2022.
Zur Begründung gab er an, das Dachgeschoss über seiner Wohnung ausbauen, mit seiner eigenen Wohnung verbinden und anschließend die neue, vergrößerte Einheit verkaufen zu wollen. Während der Umbauarbeiten und auch danach beabsichtige er, in die vermietete Wohnung im dritten Obergeschoss einzuziehen.
Landgericht verneinte Eigenbedarf
Das Amtsgericht hatte der Räumungsklage zunächst stattgegeben. In der Berufungsinstanz wies das Landgericht die Klage jedoch ab. Nach seiner Auffassung lag kein Eigenbedarf im Sinne von § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB vor.
Das Gericht argumentierte, der Vermieter benötige die vermietete Wohnung nicht, da seine aktuellen Wohnverhältnisse vergleichbar seien. Sein Ziel sei der Verkauf einer seiner Wohnungen, nicht die Selbstnutzung. Daher handle es sich um eine sogenannte Verwertungskündigung nach § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB, deren Voraussetzungen nicht erfüllt seien.
BGH betont Prüfmaßstab für Gerichte
Der Bundesgerichtshof hob das Urteil des Landgerichts auf und verwies den Fall zur erneuten Entscheidung dorthin zurück. Nach Auffassung des BGH kann ein berechtigter Eigenbedarf auch dann bestehen, wenn der Vermieter durch eigene Planung den Bedarf selbst herbeiführt.
Für eine wirksame Eigenbedarfskündigung sei ausschlaggebend, dass der Wunsch zur Selbstnutzung auf nachvollziehbaren und ernsthaften Gründen beruhe. Die Gerichte müssten den Entschluss zur Eigennutzung grundsätzlich respektieren und dürften nicht ihre eigenen Vorstellungen von angemessenem Wohnen an die Stelle des Vermieters setzen.
Kein Ausschluss wegen vergleichbarer Wohnverhältnisse
Der BGH stellte klar, dass ein Vermieter nicht darauf angewiesen sein muss, die Wohnung selbst zu nutzen. Es genüge, wenn vernünftige und nachvollziehbare Gründe für die Nutzung vorlägen. Auch wenn sich die Wohnverhältnisse durch den Umzug kaum veränderten, könne Eigenbedarf vorliegen.
Entscheidend sei, dass der Vermieter die Absicht zur Selbstnutzung ernsthaft verfolge und kein Rechtsmissbrauch vorliege. Dass die beiden Wohnungen in Größe und Schnitt ähnlich seien, spreche nicht gegen die Wirksamkeit der Kündigung.
Keine Verwertungskündigung im konkreten Fall
Nach Ansicht des BGH liegt im vorliegenden Fall keine Verwertungskündigung vor. Der Vermieter beabsichtige nicht, die vermietete, sondern seine eigene Wohnung zu verkaufen. Damit seien die strengeren Anforderungen an eine Verwertungskündigung nicht anzuwenden.
Das Landgericht muss nun prüfen, ob die Voraussetzungen für einen berechtigten Eigenbedarf im konkreten Fall erfüllt sind.
