Bundeskabinett beschließt Standortfördergesetz

Die Bundesregierung hat ein Gesetzespaket auf den Weg gebracht, das die Investitionsbedingungen für Unternehmen verbessern und Bürokratie abbauen soll. Das sogenannte Standortfördergesetz wurde am 10. September 2025 vom Kabinett beschlossen. Es soll den Finanzstandort Deutschland stärken und zusätzliche private Mittel für Infrastruktur und Energieprojekte mobilisieren.

Verbesserte Finanzierungsmöglichkeiten für Unternehmen

Die Bundesregierung reagiert mit dem Gesetz auf strukturelle Herausforderungen wie Digitalisierungslücken, hohen Investitionsbedarf in Infrastruktur und Veränderungen der globalen Märkte. Ziel ist es, die allgemeinen Rahmenbedingungen für Investitionen zu verbessern und bestehende Hemmnisse abzubauen.

Besonderes Augenmerk liegt auf jungen, wachstumsstarken Unternehmen. Start-ups und Scale-ups haben oft erschwerten Zugang zu klassischer Bankfinanzierung. Deshalb sollen alternative Finanzierungsquellen wie Kapitalmarkt und Wagniskapital gestärkt werden. Studien schätzen den Investitionsbedarf in Deutschland in den kommenden zehn Jahren auf einen hohen dreistelligen Milliardenbetrag. Staatliche Mittel allein reichen dafür nicht aus.

Rolle von Investmentfonds

Investmentfonds sollen eine zentrale Funktion bei der Mobilisierung von Kapital übernehmen. Sie bündeln privates Kapital und investieren in Vermögenswerte wie Sachanlagen, Wertpapiere oder Immobilien. In Deutschland stammen die meisten Fondsgelder von professionellen Investoren wie Versicherungen und Versorgungswerken.

Um mehr privates Kapital in Infrastruktur und erneuerbare Energien zu lenken, wird der rechtliche Rahmen für Fondsinvestitionen erweitert. Künftig sollen Investmentfonds verstärkt in gewerbliche Projekte investieren können, ohne ihren steuerlichen Status zu verlieren. Dafür wird das Steuerrecht an das Aufsichtsrecht angepasst.

Steuerrechtliche Anpassungen und Venture Capital

Der Gesetzentwurf sieht mehrere Änderungen im Steuerrecht vor, um Investitionen in junge Unternehmen zu erleichtern:

  • Beteiligungen über Fonds: Steuerliche Unsicherheiten bei Investitionen offener Fonds in Venture-Capital-Strukturen werden beseitigt.
  • Rollover-Regelung: Gewinne aus Beteiligungsverkäufen können künftig bis zu 2 Mio. Euro pro Jahr steuerfrei reinvestiert werden, um Reinvestitionen zu fördern.
  • Aktienrecht: Der Mindestnennwert von Aktien wird von 1 Euro auf 0,01 Euro gesenkt, um Kapitalmaßnahmen zu erleichtern und internationale Standards anzugleichen.
  • Prospektrecht: Im Rahmen des europäischen Listing Act können Wertpapierprospekte künftig vollständig auf Englisch erstellt werden, um die Kapitalbeschaffung über EU-Grenzen hinweg zu vereinfachen.

Investitionen in Energie und Infrastruktur

Das Gesetz zielt darauf ab, mehr privates Kapital für Energie- und Infrastrukturprojekte zu gewinnen. In deutsche Fonds sind rund 2,8 Billionen Euro investiert. Viele dieser Projekte sind kapitalintensiv und langfristig angelegt.

Investmentfonds dürfen künftig uneingeschränkt in gewerblich geprägte Personengesellschaften investieren, etwa im Bereich Wind- oder Solaranlagen. Steuerbefreiungen auf Fondsebene entfallen; Erträge aus gewerblichen Quellen werden grundsätzlich auf Fondsebene besteuert. Damit sollen Wettbewerbsverzerrungen gegenüber regulär besteuerten Unternehmen vermieden werden.

Bürokratieabbau im Finanzsektor

Zur Stärkung des Finanzstandorts sind umfangreiche Vereinfachungen vorgesehen. Der Bürokratieabbau soll Unternehmen jährlich um mehr als 76 Mio. Euro entlasten.

Geplant ist unter anderem:

  • Abschaffung des nationalen Millionenkreditmeldewesens zum 30. Dezember 2026, da EU-Datenquellen ausreichend Informationen liefern.
  • Wegfall des Mitarbeiter- und Beschwerderegisters, da alternative Aufsichtsinstrumente bestehen.
  • Vereinfachungen bei der Kontoeröffnung für Minderjährige durch digitale Nachweise.

Eine Studie des ifo-Instituts hatte im Juni 2024 ergeben, dass 70 Prozent der befragten Fachleute Bürokratie als wesentlichen Standortnachteil bewerten. Die Bundesregierung strebt eine Reduktion der Bürokratiekosten um 25 Prozent an.

Einbindung europäischer Regelwerke

Mit dem Standortfördergesetz werden mehrere EU-Vorgaben umgesetzt. Dazu zählen der Listing Act, die überarbeitete EU-Finanzmarktrichtlinie MiFID II sowie die ESAP-Verordnung, die ein europäisches Unternehmensdatenregister schafft.

Der European Single Access Point soll den Zugang zu Finanz- und Unternehmensdaten europaweit vereinheitlichen. Damit sollen grenzüberschreitende Investitionen erleichtert und der Kapitalmarkt gestärkt werden.

Weiteres Verfahren

Der Gesetzentwurf wird nun im Bundestag und Bundesrat beraten. Die Bundesregierung strebt einen Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens bis Ende Januar 2026 an. Ziel ist es, die Wettbewerbsfähigkeit des Finanzstandorts Deutschland zu erhöhen und privates Kapital für wirtschaftliche Zukunftsprojekte zu mobilisieren.